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Der Potsdamer Obus
Im Jahre 1941
einigten sich die Siemens-Schuckert-Werke und die Potsdamer Verkehrsbetriebe
auf den Bau eines Obus-Netz in den östlichen Stadtteilen.
Projektiert waren folgende drei Linien:
Linie
A: Bahnhof Babelsberg-Ufastadt (heute Griebnitzsee) <>
Bahnhof Drewitz (heute Medienstadt Babelsberg) <> Bahnhof Babelsberg
<> Straße der SA (heute Karl-Marx-Str.)
Linie B: Eisenbahnstr. (heute August-Bebel-Str.) <>
Bahnhof Drewitz (heute Medienstadt Babelsberg) <> Drewitz Ort
Linie C: Glieniecker Brücke <> Straße
der SA (heute Karl-Marx-Str.) <> Bahnhof Babelsberg-Ufastadt (heute
Griebnitzsee).
Trotz der Kriegswirren schafften die Stadtwerke Potsdam in den Jahren
1944 und 1945 sowohl Infrastrukturmaterial als auch Fahrzeuge für
den Obusbetrieb zu beschaffen. Nach Kriegsende setzten die Arbeiten
aus, erst Ende 1947 konnte das Projekt wiederaufgenommen werden.
Am 1. Oktober 1949 konnte dann auf der Strecke Babelsberg, Goethestr.
<> Karl-Liebknecht-Str. <> Bahnhof Drewitz <> Drewitz-Ort
die erste Obuslinie eröffnet werden, sie war 5,8 Kilometer lang.
Am 23. Juni 1956 nahm man dann als zweite Erweiterungsstrecke die Linie
B in Betrieb, die vom Bahnhof Drewitz über die Ernst-Thälmann-Str.
zur Steinstr.und zurück über die Mendelssohn-Bartholdy-Str.
verkehrte.
Als letzte Erweiterungsetappe wurde am 11. März 1957 eine großzügige
Wendeschleife, ausgehend von Babelsberg, Goethestr. über Karl-Marx-Str.,
Hermann-Maaß-Str. und der Allee-nach-Glienicke eröffnet.
Insgesamt gab es im Jahre 1957 folgende Linien, die mit 15 Obussen und
sechs Anhängerwagen betrieben wurden:
Linie A: Babelsberg, Goethestr. <> Drewitz Ort
Linie B: Babelsberg Nord <> Bergstücken,
Steinstr.
Linie C: Bahnhof Drewitz <> Bahnhof Babelsberg
(nur bis 1958)
Im Jahre 1964 verlegte man die nördlichen Teile der Bergstückener
Strecke in die Straße An-der-Aue um, da sie zuvor zu nah am Berliner
Mauerstreifen entlangführten.
Zwischen den Jahren 1966 und 1970 überlegte man eine Verlängerung
des Obusnetz in Richtung der Neubaugebiete Waldstadt, doch fehlende
Baustoffe ließen das Projekt kippen.
Obus-Depot, März 1987. Foto: Frank-Torsten Böger
Am 11. August 1971 legte man den Abschnitt Bahnhof Drewitz <>
Drewitz Ort still, da die Straßen in diesem Gebiet aufgrund der
Anlage des Neubaugebietes Am Stern abgerissen und umgelegt wurden. Seitdem
verkehrten nur noch zwei Linien:
Linie A: Babelsberg, Goethestr. <> Bergstücken,
Steinstr. (im Berufsverkehr)
Linie B: Babelsberg Nord <> Bergstücken,
Steinstr.
Entgegen dem Trend in den 1970er Jahren dachte man zehn Jahre später
an eine großräumige Netzerweiterung des Obusverkehrs. Die
Omnibuslinie D sollte zwischen Eichhorst <> Bahnhof Babelsberg
<> Drewitz Ort und Bahnhof Rehbrücke auf Obusbetrieb umgestellt
werden. Ebenso gab es Überlegungen für Überlandlinien
nach Teltow oder Caputh. Eine Umsetzung erfolgte nie.
Straßenbahn an der Obus-Fahrleitungskreuzung am Rathaus Babelsberg,
März 1987. Foto: Frank-Torsten Böger
Endhaltestellestelle Steinstraße, März 1987. Foto: Frank-Torsten
Böger
Nach der Wende gab es neue Schwierigkeiten im Obusnetz: Der Bahnübergang
am Bahnhof Drewitz sollte für den ICE-Verkehr von und nach Berlin
elektrifiziert werden. Da für den ICE Höchstgeschwindigkeiten
von 160 Stundenkilometern angemessen waren, durfte es aus Sicherheitsgründen
keine Oberleitungskreuzung am Bahnübergang geben.
An der Karl-Liebknecht-Str. waren wochenends immer Obusse abgestellt,
März 1987. Foto: Frank-Torsten Böger
Am 26. November 1992 beschloss der Potsdamer Magistrat den Ankauf von
Duobussen, die sowohl mit Oberleitung als auch mit Diesel verkehren
konnten, und so die Lücke in der Oberleitung am Bahnübergang
Drewitz "überwinden" konnten. Sie kamen auf der inzwischen
in Linie 690 umgenannten Linie A zwischen Goethestr. und Steinstr. im
Einsatz. Die ehemalige Linie B (jetzt 691) wurde auf den Streckenabschnitt
Bahnhof Drewitz <> Babelsberg Nord zurückgezogen.
Nachdem es im Jahr 1993 wegen Bauarbeiten zu einer halbjährigen
Betriebsunterbrechung kam, wurde im Mai 1994 auch noch wegen schlechter
Straßenzustände die Strecke An-der-Aue stillgelegt. Ein durchgängiger
elektrischer Betrieb war damit auf dem östlichen Teil des Obusnetzes
nicht mehr möglich.
Karl-Liebknecht-Straße, März 1987. Foto: Frank-Torsten
Böger
Am 16. Januar 1995 wurden dann aufgrund fehlendes Geldes für die
Reparatur der Infrastruktur und auf Geheiß der DEKRA bezüglich
des maroden Zustandes der Fahrzeuge der Obusbetrieb eingestell. Mit
einer Abschiedsfahrt am 22. Januar 1995 war das Ende des Obus besiegelt
worden. Lediglich die Duobusse kamen noch zum Einsatz und benutzten
bis zum 2. Februar 1995 gelegentlich noch die Fahrleitungsdrähte.
Mit einem umgestürzten Baum, der die Fahrleitung unbrauchbar machte,
endet die Geschichte des Obus in Potsdam.
Bis zum 13. September 1996 wurde die gesamte Fahrleitung demontiert,
am 4. Januar 1999 entfernte man den letzten Oberleitungsmasten.
Eigene Vorschläge für den Wiederaufbau eines Obusnetzes:
Linie 118: Drewitz, Stern-Center <> Rathaus Zehlendorf
Linie 694: Drewitz, Stern-Center <> Potsdam Hauptbahnhof
Linktipp:
»
Markus Jurziczeks Seite zum Potsdamer Obus (viele historische Fotos)
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Stillgelegte
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